Was versteht man unter der malolaktischen Gärung?

Bei dem komplexen Prozess der Weinherstellung spielen viele verschiedene Faktoren eine Rolle, die letztlich das Ergebnis, also den fertigen Wein, mehr oder weniger stark beeinflussen. Einer davon ist zum Beispiel die so genannte malolaktische Gärung, von fortgeschrittenen Weinliebhabern auch gerne »Malo« genannt. Sie kann den Charakter eines Weines grundlegend verändern – im Guten wie im Schlechten. 

Aus Apfelsäure wird Milchsäure

Bei der so genannten malolaktischen Gärung wird die in den Trauben natürlich vorkommende Apfelsäure in die für den Gaumen wesentlich mildere Milchsäure umgewandelt. Bei diesem biologischen Umwandlungsprozess entsteht als Nebenprodukt Kohlendioxid. Dieser Vorgang wird »biologischer Säureabbau« oder auch »BSA« genannt. Eine Bezeichnung die aber streng genommen eher irreführend ist, da die Säure nicht wirklich abgebaut, sondern nur in eine mildere Form umgewandelt wird.

Möglich ist diese Umwandlung durch spezielle Bakterien, genauer gesagt durch »Oenococcus Oeni« aus der Ordnung der Milchsäurebakterien. Diese Bakterien gelangen entweder ganz natürlich durch eine spontane Infektion in den Wein oder werden vom Winzer bewusst zugesetzt, um den biologischen Säureabbau gezielt in Gang zu setzen. Vor allem bei Rotweinen ist die malolaktische Gärung ein häufiger und beliebter Bestandteil der Weinbereitung, da sie die harten Säurespitzen abmildert und den Wein sozusagen weicher macht.

Weißweine und BSA?

Etwas anders verhält es sich mit dem biologischen Säureabbau bei der Herstellung von Weißweinen. Wenn Weißweine einer malolaktischen Gärung unterzogen werden, verlieren sie an spritziger Frische und erhalten oft eine cremige bzw. buttrige Note. Verursacht wird diese Geschmacksveränderung durch eine organische chemische Verbindung namens Diacetyl. In verdünnter Form schmeckt und riecht diese spezielle Verbindung deutlich nach Butter und ist tatsächlich auch Bestandteil des natürlichen Butteraromas. In höheren Konzentrationen kippt dies jedoch sehr schnell in eine eher ranzig-unangenehme Richtung und bietet wenig Genuss. 

Die aufgezählten Auswirkungen bedeuten aber nicht, dass der BSA in Weißweinen grundsätzlich unerwünscht ist. Bei manchen Chardonnays oder Weißburgundern ist ein buttriger Effekt durch die malolaktische Gärung durchaus stilistisch gewollt. Auch in der Schweiz ist die malolaktische Gärung bei Weißweinen verschiedener Rebsorten nicht unüblich. In Deutschland hingegen gilt dieser Vorgang, insbesondere beim Riesling, meist als eher unerwünscht. Um die malolaktische Gärung zu verhindern, muss der Wein daher entweder durch rechtzeitige Filtration oder durch die Zugabe von Sulfiten stabilisiert werden, um am Ende keine ungewollten, bzw. bösen Überraschungen zu erleben. 

Wenn es aber nach Jochen Beurer im Remstal geht, ist kontrolliertes Nichtstun aber auch bei Riesling kein Nachteil und das beweisen seine Rieslinge, die allesamt den biologischen Säureabbau durchlaufen, Jahr für Jahr wieder eindrücklich. Mit Sicherheit nicht jedermanns Geschmack, aber in jedem Fall eigenwillig, mutig und konsequent biodynamisch.

Bitte Natur pur, aber mit Vorsicht!

Derartige Eingriffe in den Weinherstellungsprozess werden von den Anhängern der Naturweinbewegung jedoch eher mit einem Kopfschütteln quittiert. Deshalb ist der biologische Säureabbau bei den Weißweinen der »Vins Naturels« eher die Regel als die Ausnahme. Aber Vorsicht: Übertreibt man es mit der Malo, führt das nicht selten direkt zu einem unangenehmen »Milchsäurestich«. Dann darf man sich bei Geruch und Geschmack an Aromen von Joghurt, Buttermilch oder gar Sauerkraut erfreuen. Ein Weinfehler, auf den man nun wirklich verzichten kann.

Armin Böttigheimer
Armin Böttigheimer
Schallplattenliebhaber, Star Wars-Fan und Freund gereifter Weine, den man auch mit einem jungen Riesling Kabinett immer wieder begeistern kann. Bereits 2001 mit einem eigenen Plattenladen gestartet, wurden 5 Jahre später, mittlerweile Trainer und Autor im Bereich Grafikdesign und Bildbearbeitung, die Schallplatten wieder in die Plattenkiste gepackt. Nach einem Ausflug in die Werbewelt und anschließender Marketing- und PR-Tätigkeit wuchs parallel die Leidenschaft für gutes Essen und Wein. Als Geschäftsführer der comvertize GmbH lebt er heute als Gründer und Herausgeber von Winealicious seine Faszination für Wein und Genuss auch digital aus.